Topthema: Koalitionsausschuss – Jeder durfte sich was wünschen!

Veröffentlicht am 09.11.2012 in Bundespolitik

„Schachern, Schummeln, Schönreden“ – die Medien nennen das, was der Koalitionsausschuss vom Wochenende geboten hat, unmissverständlich beim Namen. Es war Merkels Wahlgeschenke-Basar, auf dem jeder etwas nach Hause tragen sollte: Die CSU das Betreuungsgeld, die FDP die Praxisgebühr, bezahlt mit dem Griff in die Sozialkassen und in die Investitionsreserve der KfW.

So bedient sich Schwarz-Gelb an der Substanz unseres Landes. Diese Koalition ist einfach unfähig, Weichen für die Zukunft Deutschlands zu stellen. Nach dem Kuhhandel um das Betreuungsgeld entscheidet der Bundestag noch diese Woche, ob die „Fernhalteprämie“ kommt. Eine neue Transferzahlung des Staates, die eine Prämie darauf aussetzt, dass Frauen dem Beruf und Kinder der Bildung fernbleiben. Die wohl größte Ignoranz gegenüber dem demografischen Wandel, die unser Land jemals erlebt hat. Experten schätzen die Kosten ab 2014 auf 2 Milliarden Euro. Damit könnten wir 166.000 neue Kitaplätze schaffen. Zu Recht haben auch Kabinettsmitglieder und Abgeordnete der Regierungsfraktionen von einer bildungspolitischen Katastrophe gesprochen. Restlos irre wird es doch, wenn heute FDP-Leute ankündigen, das Betreuungsgeld wieder abschaffen zu wollen, wo sie es noch selbst in der Hand haben, dass es gar nicht erst eingeführt wird.
Deshalb gilt: Wer dem Irrsinn trotzdem im Bundestag zustimmt, soll sich vor dem Wähler rechtfertigen. Wir wollen Klarheit und Wahrheit durch eine namentliche Abstimmung des Parlaments.
Die Haushaltspolitik von Schwarz-Gelb grenzt an Betrug. Mehr als sieben Milliarden werden vom Gesundheitsfonds und der Kreditanstalt für Wiederaufbau in den Bundeshaushalt geschoben, um die Löcher zu stopfen. So machen es die Hütchenspieler.
Acht Monate Vorbereitungszeit haben für das Kanzleramt nicht gereicht, um sicherzustellen, dass beim Koalitions-ausschuss der Finanzminister anwesend ist. Er saß gar nicht am Tisch, als Merkel die Milliardengeschenke an die Koalitionsparteien verteilt hat. Gleichwohl ist auch Schäuble verantwortlich für den typisch konservativen Griff in die Sozialkassen, um damit Klientelpolitik zu machen: Die Arbeitsmarktpolitik hat Schwarz-Gelb schon geplündert. Jetzt sollen 6,5 Milliarden Euro dem Gesundheitsfonds entzogen werden. Und das in einer Phase, in der sich der Konjunkturhimmel verdunkelt. Kommt es zum Abschwung, müssen sich die Krankenkassen das fehlende Geld über Kopfpauschalen von den gesetzlich Versicherten wiederholen. Damit nicht genug: Auch die KfW soll bluten. Nachdem sich Schwarz-Gelb schon bei der Bahn bedient hat, die eine halbe Milliarde an den Bundeshaushalt abführen muss, soll jetzt die Investitionsbank eine Milliarde Euro jährlich für Merkels Wahlgeschenke-Basar abliefern. Die KfW ist eine Förderbank, die nicht nur Bundesprogramme wie die CO2- Gebäudesanierung abwickelt, sondern aus ihren Reserven auch eigene Investitionsprogramme fährt. So hat sie, nachdem Schwarz-Gelb den altersgerechten Wohnungsumbau komplett gestrichen hat, dieses Zukunftsprogramm der Demografie-Vorsorge aus eigenen Erträgen ohne Bundeszuschuss weitergeführt.
Dass Merkel sich jetzt bei diesen Investitionen bedient, um Transferzahlungen wie das Betreuungsgeld zu finanzieren, heißt: Politik von gestern zu Lasten der Investitionen für morgen. Zukunft bezahlt Vergangenheit. In der Rentenpolitik hat die Koalition nur eines beschlossen: Ursula von der Leyens Modell einer „Zuschussrente“ ist endgültig beerdigt.
Eine Grundabsicherung von 850 Euro für langjährig Versicherte will Merkel nicht. Was jetzt im orwellschen Neusprech „Lebensleistungsrente“ heißt, wird weder Lebensleistung anerkennen noch Altersarmut verhindern. „Knapp oberhalb der Grundsicherung“ soll sie liegen. Alle weiteren Fragen versinken in schlampigen und schwammigen Formulierungen. Wird bei den Zugangsvoraussetzungen auf Bedürftigkeit geprüft, werden also andere Einkünfte angerechnet? Sind nun 40 Versicherungsjahre oder 40 Jahre Beitragszahlungen erforderlich? Muss man über 40 Jahre hinweg privat vorgesorgt haben? Und wie sollen Erziehungszeiten von Müttern bewertet werden, deren Kinder vor 1992 geboren worden sind?
Über das Finanzvolumen und die Gegenfinanzierung von Leistungen aus dem Bundeshaushalt schweigt Schwarz-Gelb. So bleiben die entscheidenden Punkte offen, und der Streit geht weiter. Deutschland steht vor großen Herausforderungen, aber beim Koalitionsausschuss standen sie nicht einmal auf der Tagesordnung.
Von Merkel kein Wort dazu, dass Altersarmut eine Folge von Erwerbsarmut ist. Kein Wort zum Mindestlohn. Keine Initiativen für mehr Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Keine Initiative für die Absicherung der Tarifeinheit. Kein Wort über die Eurokrise und die Milliardenlücke bei der Griechenlandhilfe. Kein Wort darüber, dass im Euroraum die Arbeitslosigkeit eine Rekordhöhe erreicht hat. Kein Wort über den drohenden Konjunkturabschwung auch in Deutschland, den etwa die Autoindustrie schon handfest zu spüren bekommt. Nichts zu der von Arbeitgebern und Gewerkschaften geforderten Wiederbereitstellung des erleichterten Kurzarbeitergeldes, um Arbeitsplätze zu sichern. Kein Konzept für die Energiewende und gegen die steigenden Strompreise, die den Verbraucher und die Industrie belasten.
Schwarz-Gelb ist vom eigenen Zank entnervt, ausgelaugt, ideenlos. Die Regierung Merkel ist am Ende – am Ende der Gemeinsamkeiten und am Ende mit ihrer Glaubwürdigkeit.

Bei der Transparenz von Nebeneinkünften ist Peer Steinbrück vorangegangen. Alle Honorare, die er für Reden erhalten hat, liegen offen. In dieser Woche geht es nun darum, dass der Deutsche Bundestag das, was von ihm gefordert wurde, zur Regel für alle Angeordneten macht. Gemeinsam mit den Grünen wollen wir die Grund-satzentscheidung: Veröffentlichung von Nebeneinkünften auf Euro und Cent.
Außerdem legen wir mit den Grünen einen gemeinsamen Antrag zur Veröffentlichungspflicht von Nebentätigkeiten in den Fällen vor, in denen, wie bei Rechtsanwälten, ein Berufsgeheimnis zu wahren ist. Hier sollen die Branchen der Auftraggeber genannt werden, für die ein Abgeordneter tätig ist. Über Nebentätigkeiten wurde viel geredet. Jetzt aber muss es zum Schwur kommen, wer es wirklich ernst meint mit Transparenz und Vertrauen in der Demokratie.

 

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